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Aktuelles

13.01.2023

Neue Pfarrerinnen stellen sich im Doppelportrait vor!

Gespräch mit den neuen Pfarrerinnen der Gemeinde
 
Nach einigen Wechseln in den letzten Jahren stellt sich das Pfarrteam der Gemeinde vollkommen neu auf. Mit Alexandra Rosener und Anne Benninghoff haben gleich zwei neue Pfarrerinnen zuletzt ihren Dienst in Grevenbroich angetreten. Und nicht nur das: sie teilen sich – ein Novum für unsere Gemeinde – eine Pfarrstelle. Im Folgenden beantworten sie gemeinsam Fragen der Redaktion des Gemeindebriefes der Gemeinde:
 
Mögen Sie sich der Gemeinde kurz vorzustellen?
Anne Benninghoff: Ich bin 58 Jahre alt und so frisch geschieden, dass ich mich manchmal noch mit dem Namen vertue. Ich heiße Anne Benninghoff, lebe in Titz-Opherten und habe zwei erwachsene Kinder und einen 15 Jahre alten Hund und bin die Betreuung für den Junghund meiner Tochter. Mit meinem Beruf als Pfarrerin, dem Haushalt, dem Garten und den Hunden bin ich gut ausgelastet. Aber ich reise gerne, besonders ans Meer, gönne mir ein Abo für das Theater Mönchengladbach und gehe mit Freundinnen ab und zu in die Sauna. Gebürtig komme ich aus Dinslaken, wo meine Eltern beide noch leben.
Alexandra Rosener: Ich bin in Neuss geboren und aufgewachsen, nach dem Abitur bin ich zum Theologiestudium nach Bonn gegangen. Weitere Stationen des Studiums waren Erlangen, St. Andrews und Bochum. Vikariat und Probedienst habe ich im Kölner Norden gemacht, danach bin ich aufgrund der Personalsituation in der Rheinischen Kirche nach Schottland gegangen und habe dort als Pfarrerin gearbeitet.
Nach der Geburt unseres Sohnes sind wir dann nach Deutschland zurückgekehrt und wohnen seitdem in Korschenbroich-Lüttenglehn in unserem Haus mit Garten und Hühnern.
Entsprechend ist dann auch in der Freizeit oft Gartenarbeit angesagt. Gerne bin ich in der Natur. Inzwischen ist unser Sohn Grundschulkind und so passt es wieder mit einer festen, halben Stelle einzusteigen.
 
Gleich zu Anfang Ihres Dienstes: Worauf freuen Sie sich am meisten?
Anne Benninghoff: Bedingt durch den Beruf meines Ex- Mannes haben wir eine Zeit lang in der Südstadt von Grevenbroich gewohnt. Diese Zeit habe ich in guter Erinnerung, weil ich die Menschen in Grevenbroich als aufgeschlossen und freundlich erlebt habe. Darum freue mich sehr, mit Ihnen, den Menschen in Grevenbroich in Kontakt zu kommen. Ihre Anliegen, Anregungen, Vorschläge, Probleme und Nöte sind mir wichtig. Denn wir können nur gemeinsam Kirche Jesu Christi sein. Ich bin und bleibe mit einem Stellenumfang von 50 Prozent Pfarrerin der Kirchengemeinde Kirchherten, die  – vom Braunkohletagebau getrennt – doch die Nachbarkirchengemeinde von Grevenbroich ist. Wir sind eine kleine, lebendige Landgemeinde, die kirchenmusikalisch allerdings nicht so gut aufgestellt ist. Durch die langjährige, professionelle Arbeit des Kreiskantors Herr Brumm ist die Kirchenmusik in Ihrer Gemeinde ein Schwerpunkt. Und ich freue mich sehr auf die Gottesdienste, die von den vielen Chören und Ensembles mitgestaltet werden. Musikalisch habe ich nämlich nicht viel zu bieten.
Alexandra Rosener: Da kann ich mich anschließen. Ich kenne die Grenzen meiner musikalischen Talente und freue mich umso mehr, in der Gemeinde diesen Schwerpunkt vorzufinden. Ich freue mich die Menschen kennenzulernen! Ich bin ein neugieriger Mensch und finde es spannend über gelebtes Leben mit allen Höhen und Tiefen vor Gott nachzudenken, es zu feiern und zu begleiten. Und ich freue mich auf die Zusammenarbeit im Team.
 
Sie kommen ja beide mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen nach Grevenbroich und haben einen frischen Blick auf die Gemeinde: Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen?
Anne Benninghoff: In Zukunft können die Gemeinden in der Region nur  gut und erfolgreich Kirche Jesu Christi sein, wenn sie zusammenarbeiten und Personal und Ressourcen gemeinsam planen und nutzen. Das ist bis jetzt weder strukturell vorgesehen noch von den Gemeinden wirklich gewollt und damit eine große Herausforderung.
Außerdem haben die strukturellen Veränderungen in der Kirchengemeinde Grevenbroich und die Veränderungen bei den Pfarrpersonen  zu einem Vertrauensverlust geführt.  Das würde ich gerne ändern und zusammen mit meinen kompetenten, jungen Kolleginnen können wir da glaube ich, einiges erreichen.
Alexandra Rosener: Ich bin nicht jung, ich bin 45! Dass das mit jung gemeint sein könnte ist nur in der kirchlichen Binnensicht akzeptabel! Ich freue mich, dass ich unter den Kollegen und im Presbyterium über 15 Jahre nach meiner Ordination endlich nicht mehr nicht mehr die Jüngste bin.  Es gibt nie etwas, was nur Chance oder nur Herausforderung ist, jede Chance ist auch Herausforderung und umgekehrt. Ich denke das trifft grade auf die Situation der Gemeinde ganz besonders zu. Durch Corona gab es überall viele Abbrüche und ungewollte Pausen jetzt müssen wir uns in einer Gemeinde sortieren, die nach zwei Jahren „Pandemiemodus“ auch erstmal gucken muss, wie der Alltag wieder funktioniert.
Schon in der Bibel heißt es „Die Ernte ist groß, der Arbeiter aber sind wenige“ (Lk 10,2). Das gilt auch hier und viele Arbeiter sind am Limit. Man muss auch den zweiten Teil des Verses „wahr“nehmen: Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter aussende in seine Ernte.
Mein Gefühl ist, dass es kein „normal“ mehr gibt in dem wir als Pfarrteam ankommen können, es ist viel „learning by doing“. Aber ich sehe auch die Breite und Fülle der Angebote, die es in der Gemeinde Grevenbroich schon gibt. Es gut und toll und wichtig Hunger auf mehr zu haben, aber man darf sich auch nicht überfordern, manches braucht Zeit um zu wachsen und Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zeiht.
 
Wo sehen Sie jeweils Ihre persönlichen Schwerpunkte in der Gemeindearbeit? Haben Sie schon Ideen, wo Sie erste Akzente setzen möchten? Haben Sie vielleicht sogar schon konkrete Pläne für Neues?
Alexandra Rosener: Ideen habe ich schrecklich viele, leider hat der Tag auch für Pfarrer nur 24 Stunden. Es ist nun erstmal eine Zeit des Ankommens und Beobachtens und Zuhörens.
Viel Arbeit ist da, die gemacht werden muss und bei der eben dieses Ankommen und Beobachten und Zuhören stattfindet und daraus werden sich Schwerpunkte entwickeln.
In der Gemeinde Grevenbroich wurde nur die Hälfte der verstorbenen Gemeindeglieder kirchlich bestattet. Das finde ich traurig und das möchte ich ändern. Wer ein Leben lang Mitglied der Gemeinde war, sollte auch von dieser aus diesem Leben verabschiedet werden.
Anne Benninghoff: Als Pfarrerin mit 32 Jahren Berufserfahrung fühle ich mich bis auf den Umgang mit den neuen Medien in allen kirchlichen Arbeitsbereichen sicher.
Besonders wichtig ist es mir, mit Menschen gut ins Gespräch zu kommen. Als Supervisorin und Ausbilderin der Prädikanten in Seelsorge liebt mir die Seelsorge als „Muttersprache der Kirche“ am Herzen. Mein Berufsleben endet spätestens in neun Jahren und ich bin ja noch Pfarrerin in der Kirchengemeinde Kirchherten. Darum sehe ich meine Aufgabe in Grevenbroich eher darin, meine Kolleginnen zu unterstützen, damit sie ihre Akzente und Schwerpunkte setzen können. Mir ist es wichtig, die Gemeinde Grevenbroich mit ihren Herausforderungen und Traditionen gut kennen zu lernen und dann zusammen mit Ihnen, der Gemeinde, zu planen und zu arbeiten.
 
Und mal ganz anders gefragt: Wenn Sie in fünf Jahren an Ihren Start in der Gemeinde denken: Worüber werden Sie sich rückblickend freuen, was wird Ihnen dann für die weitere Tätigkeit Kraft und Motivation geben?
Anne Benninghoff: Ich werde mich rückblickend darüber freuen, wie selbstverständlich, herzlich, offen und freundlich ich in Ihrer Gemeinde aufgenommen worden bin.
Die Frühschichten in Neurath, die ich gestalten konnte, waren auch für mich eine echte Bereicherung.  Die Zusammenarbeit mit den katholischen Kolleginnen, die ich bis jetzt kennen lernen konnte und dem Pascalgymnasium und der Käthe- Kollwitz Gesamtschule klappt problemlos. Die Zusammenarbeit mit den Bestattern ist von gegenseitigem Respekt und Verständnis füreinander geprägt. Besonders freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit meinen beiden Kolleginnen. Sie gehören ja einer jüngeren Generation von PfarrerInnen an und bringen spannende Erfahrungen und Sichtweisen mit und sind anders sozialisiert und ausgebildet.
Da kann ich bestimmt viel lernen und meine Erfahrungen als „alter Hase“ einbringen. 
Und in 5 Jahren werde ich mich hoffentlich darüber freuen, dass alle 5 Gemeinden der Region Süd gemeinsam auf Konfirmandenfahrt fahren und über die Urlaubsvertretungen hinaus vertrauensvoll und intensiv zusammen arbeiten.
Alexandra Rosener: Mich hat schon im Bewerbungsprozess die Offenheit gefreut, mit der Probleme angesprochen wurden. Das braucht Vertrauen und das bildet Vertrauen und nur mit Vertrauen können wir zusammen Gemeinde bauen.
Kirche im 21. Jahrhundert ist eine Institution im Wandel, das bringt Probleme mit sich und ist nicht immer einfach – davon kann jede Gemeinde im Rheinland, in Deutschland und auf der ganzen Welt ein Lied singen!
Wir wissen, ein „Weiter so!“ funktioniert nicht, wir wissen nicht, wohin die Reise geht, aber wir wissen, wer unsere Wege begleitet.
Wenn wir miteinander und offen probieren, dann werden wir neue gangbare Wege finden und hergebrachtes in neue Zeiten übersetzen können.
 
Und umgekehrt – wenn wir an all die Herausforderungen der Zukunft denken: Was wird Ihnen in fünf Jahren fehlen, weil es mit weniger Menschen oder größeren regionalen Einheiten nicht mehr in der alten Form umsetzbar sein wird?
Anne Benninghoff: Da ich Ihre Gemeinde noch nicht wirklich kenne, kann ich jetzt noch nicht sagen, was mir in 5 Jahren fehlen wird. Hermann Hesse, hat mal gesagt: „Jedem Anfang liegt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.“ Darum möchte ich auch in meiner Arbeit nach vorne schauen und die Veränderungen, die unvermeidlich sind, mit Ihnen zusammen so gut gestalten, wie es nur geht. Die Grundlage unseres Kirche- Seins ist das Evangelium von Jesus Christus. Unser Herr ist der Eckstein, der das ganze Gebäude zusammenhält und solange wir den Glauben nicht verlieren, ist mir um die Zukunft der Kirche nicht bang. Vielleicht werden uns einige Gebäude fehlen, wir werden weniger werden, denn vielen Menschen ist der Glaube und die Zugehörigkeit zur Kirche nicht mehr wichtig, wir müssen mehr erklären, was uns wichtig ist, denn Glaube und eine christliche mitmenschliche Lebensführung ist nicht mehr selbstverständlich, aber Kirche, als Gemeinschaft der Glaubenden wird es immer geben. Sie steht unter dem Segen Gottes.
Matthäus 28,20: Jesus Christus spricht:“ Und siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
Alexandra Rosener: Wie schon gesagt Kirche ist eine Institution im Wandel und das bedeutet Umbau und Ausprobieren. „Weiter so!“ funktioniert nicht. Das ist einerseits spannend und hält einen wach, auf der anderen Seite ist es anstrengend. Man – und damit meine ich haupt- neben und ehrenamtliche Arbeiter der Gemeinde – muss aufpassen, dass man auch mal Zeit zum durchschnaufen und erholen hat.
Die Schöpfung ist mit dem Ruhetag vollendet, nicht im permanenten Machen. Es gibt nicht mehr die althergebrachten und für alle plausiblen Strukturen, die einem diese Balance vorgeben, man muss sie immer mehr selber schaffen.
Mit Ruhezeit meine ich nicht immer „dienstfrei“ sondern auch manchmal in Ruhe zu genießen, was gesät wurde und dann schön wächst ohne das große Anstrengungen nötig sind. Was die Zukunft bringt, das wissen wir nicht. Wer hätte Ende 2019 bei den ersten Meldungen über einen neuartigen Virus in China gedacht, was das für unseren persönlichen Alltag in den Jahren 2020 und 2021 mit sich bringt? Von daher ist es gut, dass wir keine Kristallkugel haben mit der wir in die Zukunft blicken können, sondern uns immer nur im Vertrauen auf Gott die Gegenwart leben.
 
Noch eine praktische Frage: Wie werden Sie die Aufgaben und die Erreichbarkeit im Rahmen der Pfarrstelle organisatorisch untereinander aufteilen?
Anne Benninghoff: Durch die neue Technik ist die Erreichbarkeit  relativ gut zu regeln. Ich verteile schon jetzt großzügig meine Visitenkarten mit der Nummer meines Diensthandys. Auch auf der Homepage der Gemeinde und im Gemeindebrief wird sie stehen. Und ich verspreche, wenn ich nicht sofort erreichbar bin, dann rufe ich so schnell wie möglich zurück, wenn Sie auf den Anrufbeantworter sprechen. Bei Urlaub, Krankheit oder wenn ich aus anderen Gründen nicht erreichbar sein sollte, melden Sie sich bitte im Gemeindebüro. Wir arbeiten jetzt zu dritt in Ihrer Gemeinde. Da ist die Vertretung sicher geregelt.
Alexandra Rosener: Dem kann ich mich nur anschließen. Im Pfarrteam haben wir natürlich Arbeitsbereiche abgesprochen, so werde ich neben den Gottesdiensten und Kasualien mein Augenmerk auf den Kontakt zu Grundschulen und den Altenheimen richten und Vernetzung anstreben, aber grundsätzlich gilt, dass wir als Team arbeiten und nicht mit fest abgesteckten Bereichen.
 
Ganz zum Schluss: Haben Sie einen persönlichen Wunsch oder eine Bitte an die Gemeinde?
Anne Benninghoff: Bitte glauben Sie mir, dass ich nach besten Wissen und Können Ihre Pfarrerin sein möchte und gestalten Sie die Gemeinde Grevenbroich durch Ihr Mitdenken, Mittun und Ihr Gebet aktiv mit.
Alexandra Rosener: Nicht nur einen! Miteinander und mit mir ins Gespräch kommen und im Gespräch bleiben finde ich sehr wichtig. Gemeinde wird bunter und funktioniert umso besser, je mehr Menschen sich einbringen mit ihren Gedanken, Gebeten, ihrer Zeit und ihren Talenten. Dann können wir im Vertrauen auf Gott auch mit viel Spaß und Freude die Herausforderungen unserer Zeit meistern.